Ich erinnere mich als ich vor einigen Jahren einen MOOC (Massive Open Online Course) absolvierte: Learning Creative Learning ( http://learn.media.mit.edu/lcl/about/ ) mit Mitch Resnick ( http://web.media.mit.edu/~mres/ ). 2013 war es damals der allererste MOOC den Mitch durchführte, als ein „großes Experiment“ mit google hangouts, communities usw. (Heute gibt es eigene Website, eine Buchveröffentlichung und vieles mehr was aus den ersten Experimenten entwachsen ist).
Eine der ersten Aufgaben des MOOC bestand darin:
- Read Seymour Papert’s essay on Gears of My Childhood
also available in Italiano (Italian), Português (Portuguese), Español (Spanish), 日本語 (Japanese)
- Think about an object from your childhood that interested and influenced you. What was special about it? How did it affect the way you think and learn?
- Go to the discussion forum to see other people’s objects
- Share a photo and short description of your childhood object
( http://learn.media.mit.edu/lcl/weeks/week1/ )
Ein wichtiger Teil jeder Aufgabe war es zu „reflektieren“. Ich erinnere mich noch genau, denn für mich war dies eine prägende Erfahrung, die den Umgang mit dem was ich mache und wie ich es präsentiere grundlegend verändert hat. Aber alles der Reihe nach:
- Ich las den Artikel von Seymour Papert. Check Schritt 1. Einfach.
- Ich überlegte mit ein Objekt meiner Kindheit, das mich beeinflusste und interessierte. Ich dachte darüber nach was so besonders daran war und wie es meine Denkweise und Lernweise beeinflusste. Check Schritt 2. Einfach.
- Ich schaute in das Diskussion Forum um die Objekte und Beschreibungen anderer zu sehen. Check Schritt 3. Einfach.
- Ich sollte meine Beschreibung und das Foto aus Schritt 2 mit einer super aktiven Community von mehreren Tausend Teilnehmern teilen und ich sollte meine Beschreibungen und das Foto in meiner Lerngruppe teilen von 6 bis 8 Kolleginnen teilen. ACHTUNG! Schritt 4! SCHWIERIG!
Ich zögerte sehr lange. Ich stellte mir viele Fragen wie:
- Was werden die anderen sagen?
- Was werden die anderen über mich denken?
- Werden sie was schlechtes über mich denken? Bestimmt
- Werden sie einfach gar nichts sagen und es ignorieren, aber sich denken….?
- Was wenn jemand negatives Feedback gibt? Was wenn jemand sagt, das ist falsch, das ist Blödsinn? Was wenn jemand sagt, was soll das, kann der das nicht besser machen? Was wenn….?
Schließlich fand ich einen Kommentar in der Community, in der eine Teilnehmerin darüber reflektierte, wie schwierig es für sie war und welche Überwindung es sie kostete, ihre sehr persönliche Beschreibung aus ihrer Kindheit mit der Community zu teilen und dort einen intimen, persönlichen Teil ihres eigenen Lebens zu öffnen.
Ich war erleichtert, denn ich wußte: ah, ich bin nicht alleine mit meinen Gedanken und Ängsten. Es gibt andere, die genauso fühlen wie ich.
Diese Erkenntnis verschaffte mir Mut. Ich lud die Beschreibung hoch, klickte auf „Post“ und fertig. Ich erhielt wundervolle Kommentare, ich erhielt ein Dankeschön für den Uploads meiner Kolleginnen, sie stellten Fragen, sie interessierten sich dafür und alle anfänglichen Befürchtungen waren verpufft.
Seit diesem Moment veröffentliche ich regelmäßig die unterschiedlichsten Inhalte. UND, das was das Schwierigste von allem war: ich frage bewusst und aktiv nach Feedback und Kritik! Egal ob von Personen die mir nahe stehen, egal ob meine Eltern, Freundin, Bruder oder Kinder, egal ob Arbeitskollegen, egal ob Chef und egal ob von mir unbekannten Personen. Kritik und Feedback hilft immer um Dingen eine Basis zu geben sie zu verbessern. Nur so kann gelernt werden und das Erlernte reflektiert und in die Zukunft integriert werden. Daher keine Scheu davor!
Meine Erfahrungen in IT und Digitalen Projekten bestätigen, dass viele Menschen die beschriebenen Ängste und Zurückhaltung teilen. Besonders in großen Konzernen ist diese Tatsache immer wieder auffällig. Meist dann, wenn sehr traditionell, konservativ und hierarchisch gearbeitet wird. Kritik und Feedback sind essentiell um Dinge weiter zu entwickeln und zu verbessern. Im Bereich von Kunst und Design sind Kritik-Sessions Gang und Gebe. Kritik gehört zum täglichen Brot von Künstlern und Designern. Nur so können sie sich weiter entwickeln.
Um diese wertvollen Tools auch in der Digitalisierung und IT nutzen zu können, sollte nicht einfach drauf los diskutiert werden. Ein strukturiertes Vorgehen und klare Spielregeln helfen, Kritik und Feedback zu einem wertvollen Bestandteil eines Learning Cycles zu machen. Lernen ist seit „Lean Startup“ (Eric Ries) ( http://theleanstartup.com/ ) und dem validaten Learning Ansatz glücklicherweise sehr positiv besetzt und steht so auf der Agenda aller Unternehmen egal ob Startup oder Konzern.
Zwei grandiose Referenzen für Kritik, Feedback und Diskussion im Team sind ein Buch und ein Set von Methodenkarten der Innovationsberatung IDEO:
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- Discussing Design: Improving Communication and Collaboration through Critique –
http://www.discussingdesign.com/discussing-design-improving-communication-and-collaboration-through-critique/
- This deck of cards will change the way you work – https://www.ideo.com/blog/this-deck-of-cards-will-change-the-way-you-work